1. Nur bei innergemeinschaftlichen Dienstleistungen, bei denen sich der Ort der Leistung nach § 3a Abs. 2 UStG bestimmt, entsteht die Umsatzsteuer bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist, und nicht - wie bislang - mit Vorlage der Rechnung bzw. mit Ablauf des Monats, der auf die Leistungsausführung folgt.
Beispiel: Ein Frachtführer aus Polen hat für einen in Köln ansässigen Unternehmer am 29.07.2010 eine Güterbeförderung von Polen nach Köln ausgeführt. Der Ort der sonstigen Leistung liegt nach § 3a Abs. 2 UStG beim Empfänger, also in Köln. Der deutsche Unternehmer schuldet nach § 13b Abs. 1 und 5 UStG als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für die steuerpflichtige sonstige Leistung des Frachtführers. Die Steuer entsteht mit Ablauf des Monats Juli 2010.
Für alle anderen Fälle der Übertragung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 2 UStG bleibt es bei dem bisherigen Zeitpunkt der Steuerentstehung.
2. Dauerleistungen wurden bislang erst dann besteuert, wenn die Leistung vollends erbracht worden war, es sei denn, es wurden Abschlagsrechnungen gestellt. Um auch in diesen Fällen eine zeitnahe Umsatzbesteuerung sicherzustellen, werden grenzüberschreitende Dauerleistungen nun zumindest jährlich besteuert. Daher müssen Sie erstmals mit Ablauf des Kalenderjahres 2010 bei grenzüberschreitenden Dauerleistungen an eine Besteuerung denken, selbst wenn eine Endabrechnung noch aussteht. Die Abgabefrist endet am 10.01.2011.
3. Durch das JStG 2010 soll ab dem 01.01.2011 die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers zusätzlich auf steuerpflichtige Lieferungen bestimmter Formen von Gold erweitert werden.
Zusammenfassende Meldungen
Neue Meldezeitpunkte bei innergemeinschaftlichen Umsätzen
Lieferungen: Durch das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben müssen seit dem 01.07.2010 die Zusammenfassenden Meldungen (ZM) monatlich (bisher: quartalsweise) abgegeben werden. Die Abgabefrist wurde vom 10. auf den 25. Tag des Folgemonats verschoben. Beträgt die Summe der innergemeinschaftlichen Lieferungen im Quartal weniger als 50.000 €, kann die ZM weiterhin vierteljährlich abgegeben werden. Bis Ende 2011 gilt sogar eine Übergangsfrist mit einer Schwelle von 100.000 €. Eine Dauerfristverlängerung ist dagegen nicht mehr vorgesehen.
Sonstige Leistungen: Innergemeinschaftliche Dienstleistungen, die seit dem 01.01.2010 in den ZM anzugeben sind, müssen weiterhin quartalsweise mitgeteilt werden. Bei einer monatlichen Meldepflicht der innergemeinschaftlichen Lieferungen können die innergemeinschaftlichen Dienstleistungen ebenfalls monatlich gemeldet werden. Sie sind jedoch spätestens in der monatlichen Meldung zum Ende eines jeweiligen Quartals aufzunehmen.
Beherbergungsleistungen
Ermäßigter Umsatzsteuersatz
Diese Unterscheidung macht eine Aufteilung der Hotelrechnungen für den Vorsteuerabzug bei Geschäftsreisenden erforderlich, die praktisch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Daher erlaubt das BMF Vereinfachungen dergestalt, wonach die mit dem erhöhten Steuersatz zu versteuernden Leistungen in einem Pauschalpreis ausgewiesen und zu einem Sammelposten („Business-Package“ bzw. „Service-Pauschale“) zusammengefasst werden dürfen - vorausgesetzt, es sind keine Einzelpreise vereinbart worden. Es wird auch nicht beanstandet, wenn die Leistungen 20 % des Pauschalentgelts betragen und mit 19 % Umsatzsteuer berechnet werden.
Offen ist jedoch, ob die von der Finanzverwaltung angenommene erhöhte Umsatzbesteuerung für Verpflegungsleistungen rechtlich zutreffend ist. Denn nach einer Entscheidung des BFH handelt es sich bei der Verpflegung von Hotelgästen um eine Nebenleistung zur Übernachtung, die als Teil der Gesamtleistung am Ort des Hotels steuerbar ist. Die Finanzverwaltung hat die BFH-Entscheidung mit einem Nichtanwendungserlass belegt und wendet sie damit über den Einzelfall hinaus nicht an. Hier bleibt die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten.
Hinweis: Prüfen Sie daher Ihre im Jahr 2010 erhaltenen Hotelrechnungen daraufhin, ob sie den neuen Anforderungen genügen: Denn nur dann ist sichergestellt, dass Sie den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen können. Das gilt spätestens seit April 2010, da zu diesem Zeitpunkt die vom BMF anerkannte Übergangsfrist für die Hotelbranche, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen, abgelaufen ist.
Speisen zum Mitnehmen
Ermäßigter Umsatzsteuersatz bei Speisen zum Mitnehmen?
Der BFH ist der Ansicht, dass bei zubereiteten Speisen - unabhängig von der bisherigen Differenzierung - stets der volle Umsatzsteuersatz anzuwenden ist. Er hat deshalb mehrere Verfahren zu dieser Thematik ausgesetzt und die Fragen dem EuGH zur Überprüfung vorgelegt. Bis zur Entscheidung will die Finanzverwaltung an der bisherigen Differenzierung festhalten. Lediglich hinsichtlich der Bestuhlung von Kinos, Sporthallen und Stadien hat sie klargestellt, dass diese ab 01.07.2010 nicht als besondere Verzehreinrichtung anzusehen ist, und zwar auch dann nicht, wenn Getränkehalter zum Abstellen eines Getränks vorhanden sind.
Hinweis: Inwieweit es aber für Sie zu einer nachträglichen Änderung der noch offenen Steuerbescheide kommen wird, wenn die Entscheidung des EuGH zur umfassenden Anwendung des vollen Umsatzsteuersatzes ergeht, ist ungewiss. Denn insbesondere Umsatzsteuer-Voranmeldungen stehen von Gesetzes wegen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und können damit unabhängig von einer Einspruchsfrist jederzeit geändert werden, solange nicht die Verjährung eingetreten ist. Das gilt auch für Umsatzsteuerjahresbescheide, sofern sie den Vorbehalt der Nachprüfung tragen. Es ist also Vorsicht geboten.
Umsatzsteuer-Jahreserklärung
Elektronische Abgabeverpflichtung
Vorsteuerabzug
Erweiterte Korrektur von fehlerhaften Rechnungen
Hinweis: Für den Fall, dass bei Ihnen eine Betriebsprüfung für vergangene Zeiträume den Vorsteuererstattungsanspruch aufgrund fehlerhafter Rechnungsangaben versagen will und Sie sich eine korrigierte Rechnung beschaffen können, sollten Sie das Urteil des EuGH bereithalten, um sich mit dessen Hilfe gegen die Zinsansprüche der Finanzverwaltung zu wehren, die diese aus der zeitlich verzögerten Rechnungskorrektur ableiten möchte.
Betriebsaufspaltung
Keine umsatzsteuerliche Organschaft
ausschließlich gemeinsam die Anteilsmehrheit an der Besitz- und Betriebsgesellschaft hatten. Auch waren bei einer Betriebsaufspaltung die Leistungen der Besitzgesellschaft an die Betriebs-GmbH nicht umsatzsteuerbar.
Etwas anderes soll jetzt aber nach Ansicht des BFH gelten, wenn die Anteilsmehrheit an Besitz- und Betriebsgesellschaft lediglich über eine Personengruppe gehalten wird. Das ist der Fall, wenn insbesondere die Besitzgesellschaft als Personengesellschaft organisiert ist. Konsequenz ist, dass es sich umsatzsteuerlich um zwei getrennte Unternehmen handelt, bei denen die gegenseitig erbrachten Leistungen grundsätzlich umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig sind, soweit keine Steuerbefreiungstatbestände greifen. Offengelassen hat der BFH, ob dies auch dann gilt, wenn zwischen beiden Gesellschaften ein Beherrschungsvertrag oder Stimmbindungsverträge abgeschlossen wurden oder nur ein Gesellschafter die Anteilsmehrheit an beiden Gesellschaften besitzt, der zugleich Geschäftsführer in beiden Gesellschaften ist.
Hinweis: Diese Rechtsprechung ist für Sie nur von geringer Bedeutung, wenn die Besitz-Personengesellschaft lediglich umsatzsteuerfreie Leistungen (wie die Vermietung von Grundbesitz) an die Betriebsgesellschaft ausführt. In allen anderen Fällen werden wir Sie zeitnah über die Übergangsregelungen der Finanzverwaltung informieren und zusammen mit Ihnen die notwendigen Schritte einleiten.
Gemischte Aufwendungen
Jetzt leichter absetzbar
Hinweis: Weitere Einzelheiten zu der Entscheidung des BFH und der dazu ergangenen Verwaltungsanweisung sowie einer möglichen Kostenaufteilung finden Sie in dem nachfolgenden Beitrag unter Punkt III „Aufteilungsmaßstab“.
Betriebsprüfung
Verzögerungsgeld
* sich weigern, eine digitale Außenprüfung zu ermöglichen,
* angeforderte Unterlagen nicht vorlegen bzw. Auskünfte verweigern oder
* Ihre elektronische Buchführung ohne Zustimmung des Finanzamts ins Ausland verlagern bzw. der Aufforderung zur Rückverlagerung ins Inland nicht nachkommen.
Der Anwendungsbereich des Verzögerungsgeldes ist auf die Betriebsprüfung beschränkt. Werden die Mitwirkungspflichten bei einer Umsatzsteuer-Nachschau oder einem Steuerstrafverfahren verletzt, dürfen die Finanzbehörden kein Verzögerungsgeld festsetzen. Die Verhängung des Verzögerungsgeldes liegt im Ermessen der Finanzbehörden.
Es handelt sich um ein Druckmittel eigener Art, das Sie zur fristgerechten Pflichterfüllung im Rahmen einer Betriebsprüfung anhalten (präventiver Charakter) und Vorteile aus dem verzögerten Verhalten abschöpfen soll (repressiver Charakter). Dementsprechend wird das Verzögerungsgeld ähnlich dem Verspätungszuschlag auch dann noch erhoben, wenn Sie Ihrer Mitwirkungsverpflichtung zu einem späteren Zeitpunkt nachkommen. Anders als beim Zwangsgeld (maximale Höhe: 25.000 €) mit bloßem Beugecharakter bleibt die Beitreibung des Verzögerungsgeldes auch bei Erfüllung der Mitwirkungsverpflichtungen zulässig.
Aufbewahrungsfristen
Welche Unterlagen müssen Sie behalten?
Hinweis: Bitte denken Sie daran, dass es aber in vielen Fällen zweckmäßig sein kann, auch ältere Unterlagen aufzubewahren. So sind Sie hinsichtlich des Nachweises der (tatbestandsmäßigen) Voraussetzungen des steuerlichen Aufwands beweispflichtig. Die Finanzbehörde kann Ihnen zwar aus der Vernichtung älterer Unterlagen keinen Vorwurf machen, was Ihnen allerdings nicht weiterhilft, wenn Sie in Beweisnot kommen und somit die steuerliche Anerkennung von Aufwendungen gefährdet ist.
Bedeutsame Unterlagen für die Steuererklärung, für die die vierjährige Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, dürfen nicht vernichtet werden. Für die Jahre bis einschließlich 2004 kann das nur der Fall sein, wenn die Festsetzungsverjährungsfrist unterbrochen oder gehemmt wurde - wie z.B. durch die Einlegung eines Einspruchs oder den Beginn einer Betriebsprüfung.