IV. Tipps und Hinweise für Haus- und Grundbesitzer


Gemischte Gebäudenutzung


Liquiditätsvorteile bis Jahresende sichern


Nach dem JStG 2010 soll das sogenannte Seeling-Modell zum 01.01.2011 abgeschafft werden. Das Modell ermöglicht bei betrieblich und privat genutzten Gebäuden bislang einen umfassenden Vorsteuerabzug. Zwar wird zum Ausgleich die private Gebäudenutzung des Immobilienbesitzers in den nachfolgenden Jahren mit Umsatzsteuer belegt, jedoch eröffnete das Seeling-Modell durch die sofortige Vorsteuererstattung und die über mehrere Jahre gestreckte Zurückzahlung einen erheblichen Liquiditätsvorteil.
Die Neuregelung soll für alle Immobilien gelten, die ab dem 01.01.2011 angeschafft werden oder bei denen der Bauantrag nach dem 31.12.2010 gestellt wird. Ab dann ist nur noch ein Vorsteuerabzug bezogen auf den unternehmerisch genutzten Gebäudeteil zulässig. Andererseits ist in der Folgezeit keine Privatnutzung mehr zu versteuern. Der Stundungsvorteil aus dem Seeling-Modell entfällt damit.

Beispiel: Ein Unternehmer kauft in 2010 ein Mehrfamilienhaus für 1 Mio. € plus 190.000 € Umsatzsteuer, das er zu 1/4 für das Verwaltungsbüro und zu 3/4 für Wohnzwecke nutzt.

sofortiger Vorsteuerabzug 190.000 €
jährliche private Nutzung
(= 190 T€ x 75 % privat / 10 Jahre) 14.250 €
insgesamt für zehn Jahre (2010 - 2019) 142.500 €

Damit werden insgesamt 25 % der Umsatzsteuer (= 47.500 €), also die anteilige Umsatzsteuer für die betriebliche Nutzung, erstattet. Den Rest von 142.500 € gibt es als zinslosen Kredit. Diese Finanzspritze können Hausbesitzer gerade in der Bauphase gut gebrauchen. Dabei sind zwei Aspekte zu beachten: Das Gebäude muss dem (umsatzsteuerlichen) Unternehmen zugeordnet werden. Der Vorsteuerabzug sollte also in der jeweiligen Umsatzsteuer-Voranmeldung vorgenommen werden. Außerdem ist zu beachten, dass der Liquiditätsvorteil wirtschaftlich dann beeinträchtigt wird, wenn innerhalb der zehn Jahre eine Umsatzsteuererhöhung erfolgt.

Die günstige Regelung entfällt ab 2011. Dann ist die Vorsteuer nur noch insoweit abzugsfähig, als sie auf den unternehmerisch genutzten Grundstücksteil entfällt. Insoweit ist auf die Privatnutzung keine Umsatzsteuer mehr abzuführen, damit entfällt der bisherige Zins- und Liquiditätsvorteil.
Hinweis: Wollen Sie das Seeling-Modell zu Steuerstundungszwecken noch nutzen, müssen Sie in diesem Jahr den notariellen Kaufvertrag für das Grundstück abschließen oder den Bauantrag stellen. Sprechen Sie uns daher so schnell wie möglich an. Wir prüfen mit Ihnen, ob sich das Modell für Sie steuerlich lohnt, und entwickeln einen Zeitplan, um auch kurzfristige Projekte noch zeitnah umzusetzen.



Photovoltaik


Erneuerbare-Energien-Gesetz geändert!


Die Förderung von Solarstromanlagen soll rückwirkend gesenkt werden, und zwar für alle Anlagen, die ab dem 01.07.2010 ans Netz gehen. Für nach dem 30.09.2010 in Betrieb genommene Anlagen soll die Einspeisevergütung zusätzlich um jeweils 3 % zurückgehen. Hausbesitzer werden durch das Betreiben von Photovoltaikanlagen aus steuerrechtlicher Sicht zu Unternehmern, wenn sie den erzeugten Strom ins öffentliche Netz einspeisen.

Hinweis: Für 2010 haben Sie noch die Möglichkeit, den unter oben stehendem Punkt I „Investitionsabzugsbetrag“ beschriebenen Investitionsabzugsbetrag in Anspruch zu nehmen, wenn Sie z.B. in diesem Jahr eine Anlage noch verbindlich bestellen, die erst in 2011 geliefert und bezahlt wird. Dann können Sie für 2010 einen Investitionsabzugsbetrag von 40 % der Anschaffungskosten in Anspruch nehmen und mit Hilfe der dadurch in 2010 entstehenden Verluste aus Gewerbebetrieb andere Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus nichtselbständiger Arbeit mindern und infolgedessen einen Steuervorteil erzielen. Die Bezahlung der Anlage und die Auflösung des Investitionsabzugsbetrags erfolgen erst im Jahr 2011.

Bitte beachten Sie, dass der private Stromverbrauch für den Investitionsabzugsbetrag und die Sonderabschreibungen schädlich sein kann. Daher bitten wir Sie, sich mit uns in Verbindung zu setzen, wenn Sie die Installation einer Photovoltaikanlage beabsichtigen.



Grundstücksveräußerung


Verlängerte Spekulationsfrist ist teilweise verfassungswidrig


Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, das am 31.03.1999 verkündet wurde, hat der Gesetzgeber die bislang zweijährige Spekulationsfrist auf zehn Jahre verlängert. Beträgt die Frist zwischen Erwerb und Veräußerung eines im Privatvermögen gehaltenen Grundstücks weniger als zehn Jahre, ist der Veräußerungsgewinn einkommensteuerpflichtig.
Die verlängerte Frist galt erstmals für 1999 erzielte Veräußerungserlöse. Damit waren von ihr rückwirkend auch bereits früher erworbene Grundstücke betroffen. Aus dieser unechten Rückwirkung des Gesetzes ergeben sich für Sie folgende Konsequenzen:

* War die frühere Zweijahresfrist bei Verkündung des Gesetzes (31.03.1999) noch nicht abgelaufen, führt die verlängerte Spekulationsfrist nicht zu verfassungsrechtlichen Bedenken. Gleiches gilt, wenn sich die Besteuerung nach Ablauf der Zweijahresfrist nur auf die Wertsteigerungen beschränkt, die nach der Verkündung der Neuregelung entstanden sind. Die bloße Möglichkeit, Gewinne später steuerfrei zu vereinnahmen, begründet keine rechtlich schützenswerte Position.

* Ein Verfassungsverstoß liegt aber vor, wenn ein Wertzuwachs besteuert wird, der nach der alten Rechtslage steuerfrei realisiert wurde oder bis zur Gesetzesverkündung steuerfrei hätte realisiert werden können, weil die alte Spekulationsfrist bereits abgelaufen war.

Beispiel: Ein 1995 erworbenes Grundstück hätte nach der zweijährigen Spekulationsfrist 1998 mit einem Überschuss von 50.000 € steuerfrei veräußert werden können. Bei einer Veräußerung im Jahr 1999 kann diese Wertsteigerung/dieser Überschuss nicht nachträglich steuerpflichtig werden. Ergibt sich jedoch eine wesentliche Wertsteigerung der Immobilie erst Ende 1999 mit der Folge eines deutlich höheren Überschusses (z.B. weitere 20.000 €), unterliegt diese nach dem 31.03.1999 und innerhalb der Zehnjahresfrist eingetretene Wertsteigerung der Besteuerung.

Demgegenüber ist die zehnjährige Veräußerungsfrist als solche durch das BVerfG nicht beanstandet worden. Sie ist mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar.



Einheitsbewertung von Grundvermögen


Ist die Grundsteuer verfassungsgemäß?


Der BFH kam in letzter Konsequenz trotz verfassungsrechtlicher Zweifel und der sich aus den lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkten (01.01.1964 bzw. 01.01.1935 im Beitrittsgebiet) ergebenden Wertverzerrungen jedenfalls für die Stichtage bis zum 01.01.2007 nicht zu einem Verfassungsverstoß. Das Urteil enthält aber den ausdrücklichen Hinweis, dass der BFH ein weiteres Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz, nicht für vereinbar hält. Hauptfeststellungen auf einen bestimmten Stichtag sind darauf angelegt, dass sie in bestimmten, nicht übermäßig langen Abständen wiederholt stattfinden. Eine über mehr als vier Jahrzehnte unveränderte Einheitsbewertung verfehlt die verfassungsrechtlich gebotene realitätsgerechte Bewertung des Grundvermögens. Daher ist in Zukunft mit einer gesetzlichen Neuregelung zu rechnen, wenn der Gesetzgeber die gerichtliche Feststellung eines Verfassungsverstoßes vermeiden will.

Hinweis: Für Grundsteuerbescheide nach dem Stichtag des 01.01.2007 stellt sich somit erneut die Frage, ob ihre Erhebung verfassungsgemäß ist. Gegen diese Bescheide kann daher die Einlegung eines Einspruchs in Betracht kommen, wenn Sie darauf spekulieren, dass der BFH in einem anschließenden Verfahren entsprechend seiner Ankündigung einen Verfassungsverstoß feststellen wird. Noch ist aber kein Gerichtsverfahren anhängig, auf das Sie sich zur Begründung beziehen können.



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